Donnerstag, 6. September 2012

Hmmm...

Naja... das gilt aber bestimmt nicht für unseres, oder?

Preiskrieg der Feuerbestatter

Brandenburger Krematoriums-Betreiber werfen Berlin unerlaubte Quersubventionierung seiner stadteigenen Einäscherungsbetriebe vor

Cottbus In Deutschland gibt es etwa 150 Krematorien. Der Bundesverband der Bestatter sagt, dass auch die Hälfte der Einrichtungen ausreichen würde. Die sieben privat betriebenen Brandenburger Krematorien liefern sich einen erbitterten Preiskampf mit den zwei stadteigenen Berliner Einäscherungsbetrieben – der nun vor einem Gericht landen könnte.
Feingefühl ist Pflicht: Bestatter müssen gut beraten können
Zum Themendienst-Bericht von Andreas Thieme vom 7. Februar: Blumen für die letzte Ruhe: Bestatter haben die Aufgabe, Angehörigen einen würdigen Abschied vom Verstorbenen zu ermöglichen. (Die Veröffentlichung ist für dpa-Themendienst-Bezieher honorarfrei. Das Bild darf nur in Zusammenhang mit dem genannten Text verwendet werden.) Foto: Jens Schierenbeck/dpa/tmn Foto: Jens Schierenbeck (dpa-tmn)
Der Herzberger Krematoriums-Betreiber Gerd Rothaug ist nicht gut auf seine Berliner Kollegen zu sprechen. Obwohl die beiden Einäscherungsbetriebe am Baumschulenweg und in Ruhleben zusammen mehr als zwei Millionen Euro Verlust einfahren, wurden in der Hauptstadt zuletzt die Preise gesenkt. "Eigentlich müssten die Preise angehoben werden", ist sich Rothaug sicher. Er hätte so einen Verlust nicht abfedern können.
Im Gegensatz zum Herzberger Krematorium sind die beide Berliner Eigenbetriebe der Stadt. Vor allem der Standort am Baumschulenweg fährt Verlust ein, da der Neubau über einen Mietkaufvertrag seinerzeit mit einer Laufzeit von 30 Jahren von der Stadt realisiert wurde. Vertragsende: 2029. Bis zu diesem Zeitpunkt werden laut Senatsverwaltung jedes Jahr zwei Millionen Euro fällig. In etwa die Summe, mit der beide Einäscherungsbetriebe gestützt werden müssen.
"Dass jährlich eine millionenschwere Hilfe nötig ist, verstößt gegen europäisches Recht und ist in unseren Augen eine unerlaubte Quersubventionierung, die es so nicht geben dürfte", sagt Rothaug, der auch Landesinnungsmeister seines Fachs in Thüringen ist und im Bundesvorstand der Bestatter sitzt. Eine Einäscherung in Herzberg kostet derzeit 199 Euro. In Berlin sind es 197 Euro. "Wir haben auch schon das Gespräch mit dem Brandenburger Innenministerium und der Berliner Senatsverwaltung gesucht. Jedoch ohne Erfolg", sagt Rothaug.
Auch sein Kollege Jörg Konschake sieht das so. Der Berliner Rechtsanwalt ist Betreiber der beiden Krematorien in Cottbus und Forst. Beide Einrichtungen haben ein Einzugsgebiet von etwa 100 Kilometern. Wie der Standort in Herzberg reicht das Cottbuser Krematorium bis an die Hauptstadt heran. "Können wir mit der Berliner Senatsverwaltung keine Einigung finden, bleibt uns in letzter Instanz nur der Gang vor ein Gericht", sagt Konschake. Eine Einäscherung in Cottbus und Forst kostet ungefähr 220 Euro.
Im Brandenburger Innenministerium sind die Vorwürfe der Krematoriums-Betreiber gegen das Land Berlin bekannt. "Wir können jedoch weder überprüfen, ob diese zutreffen, noch haben wir Einfluss auf die Preisgestaltung in Berlin", sagt ein Ministeriums-Sprecher auf RUNDSCHAU-Nachfrage.
Fest steht hingegen, dass in der Hauptstadt die Zahl der Feuerbestattungen angestiegen ist. 2010 hat es 13 133 Einäscherungen gegeben, 2011 waren es 14 277. "Feuerbestattungen machen heute rund 80 Prozent der Beisetzungen aus", sagt Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung Berlin. Das Einzugsgebiet der beiden Berliner Krematorien am Baumschulenweg und in Ruhleben sei dabei nicht auf die Landeshauptstadt beschränkt. "Wir haben auch Kunden aus Brandenburg", sagt Rohland. In dem Nachbarbundesland werde aber nicht aktiv geworben.
Das Problem ist laut Rothaug in Deutschland aber noch ein anderes. Mit nahezu 150 Krematorien in der Bundesrepublik sei der Markt hoffnungslos überfüllt. "Ungefähr gut die Hälfte würde auch ausreichen, um den Bedarf zu decken", sagt er. Doch solange es staatlich gestützte Eigenbetriebe und private Betreiber auf engem Raum gibt, könne der Markt sich auch nicht selbst bereinigen.
In Brandenburg gibt es laut Innenministerium mit Potsdam nur noch ein Krematorium in kommunaler Trägerschaft. Die restlichen sieben Einrichtungen sind mittlerweile privat geführt. Der Forster Eigenbetrieb wurde erst Anfang dieses Jahres an Rechtsanwalt Konschake verkauft – aus Kostengründen, wie es von der Stadtverwaltung heißt.
Zum Thema:
Nach der Feuerbestattung bleibt von den Toten nicht nur die Asche übrig. Zu den Hinterlassenschaften gehören auch künstliche Gelenke, Hüften und Zahngold. Während in Berlin das Zahngold in die Urne kommt, werden die Gelenke und Hüften verwertet. Laut Senatssprecherin werden die Teile "dem Rohstoffkreislauf über Metallverwerter zugeführt. Die daraus resultierenden Erträge werden dem Krematorium zugeführt". Im Krematorium Elbe-Elster in Herzberg werden Gelenkteile auch verwertet. Der Erlös wird laut Betreiber komplett gespendet – zuletzt bis zu 30 000 Euro. Im Görlitzer Krematorium werden sämtliche Edelmetalle mit in die Urne gegeben, um "moralische Konflikte zu vermeiden", wie es von der Stadtverwaltung heißt.